
Was bedeutet Großzügigkeit – für mich?
Glückseligkeit, Glück, eudaimonia
Laut Aristoteles das höchste Ziel im Leben, das Endziel. Für ihn ist alles was wir tun Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Mittel nennt er Tugenden. Und für mich ist Großzügigkeit genau das, eine Tugend. Etwas was ich tue, um andere glücklich zu machen und so auch mich selbst.
Das kann nicht jeder verstehen. Nicht jeder hat das Glück zu erfahren, wie schön es sich anfühlt anderen zu helfen. Helfen, einfach weil man es kann. Das ist Großzügigkeit. Etwas tun, ohne es zu müssen. Etwas zu geben, nur weil man es kann.
In unserem Religionsunterricht haben wir über Aristoteles geredet. Über seine Tugendethik. Wir haben sie kritisch betrachtet und hinterfragt: Woher weiß ich, dass ich großzügig bin? Bin ich großzügig genug? Bin ich zu großzügig? Kann man überhaupt zu großzügig sein?
Ich denke, dass das alles eine Frage des Verhältnisses ist. Ein Beispiel:
Eine Frau auf der Straße fragt nach Geld für Essen. Ein Mann in Anzug, maßgeschneidert, und mit dem neuesten Handy am Ohr drückt ihr 5€ in die Hand und geht weiter. Noch bevor die Frau sich etwas holen kann, gibt ein andere Bettler, der sich gerade sein Mittagessen gekauft hat, ihr die Hälfte ab.
Rein vom Wert sind die 5€ mehr, aber der der so wenig hat, war bereit auch das zu geben, während der Anzug-Mann nicht einmal seine Aufmerksamkeit gab.
Es geht darum ein Mittelmaß zu finden, eine moralische Balance. Wie viel habe ich, wie viel gebe ich? Wie viel möchte ich geben, wie viel kann ich geben? Wie glücklich macht es die andere Person und mich?
Darum geht es bei Großzügigkeit. Man muss einen Mittelweg finden. Dieser sieht für jeden anders aus. Er unterscheidet sich je nachdem, was man zu geben hat, wie wichtig einem ein Thema ist, und wie man sich dabei fühlt.
Ich kann allein in meiner Freundesgruppe, in meiner Familie Unterschiede erkennen. Daher ist es wohl kaum erstaunlich, dass es auch in verschiedenen Kulturen etliche Auffassungen des Begriffs Großzügigkeit gibt.
Während in Deutschland pingelig darauf geachtet wird, dass jeder Cent zurückgezahlt wird, handelt man in der Medina in Tunesien den Preis um die Hälfte herunter. Das hat nicht unbedingt etwas mit Großzügigkeit zu tun. Es ist eher die Lebenseinstellung. Aber genau diese Lebenseinstellung wirkt sich aus die Hilfsbereitschaft der Menschen aus. Wenn wir in Tunesien den Pizzabäcker im Restaurant fragen, ob er uns zeigen kann wie er seine Pizza macht und der das mit Freuden tut, ohne am Ende für die fertige Pizza Geld zu verlangen, dann ist das großzügig. Würden wir Deutschen das tun?
Jeder hat seine eigene Vorstellung davon was großzügig ist. Es ist wichtig sich das bewusst zu machen. Ich selbst muss es mir bewusst machen. Nicht jeder hat den selben Maßstab. Meine Selbstverständlichkeit ist nicht die der anderen. Nicht alle legen Wert auf Großzügigkeit. Nicht für jeden bringt es Glück andere glücklich zu machen. Oder sie wissen es nur noch nicht.
PS: Der Grund, warum ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt habe ist, dass wir als Teil unseres Projekts jeden Monat einen spanischen Begriff bekommen, mit dem wir uns beschäftigen sollen. Diesen Monat ist das bei mir generosidad – also Großzügigkeit.
Denk gerne auch darüber nach und lass mich deine Ideen wissen.
Der Begriff „generosity“ hat für mich auch etwas damit zu tun, dass man aus freiem Willen, mit einer wohlwollenden Gelassenheit und einem Selbstbewusstsein etwas gibt. Die eigene Einstellung zu finden ist dabei wichtig, damit die Handlung seinen guten Dienst verrichtet, zum Empfänger und vom Geber. Eine Gabe die nur mit schlechtem Gefühl gegeben wird, hat nicht den gleichen Effekt wie die gleiche Gabe, die übergeben wird, mit der inneren Einstellung, es sei die richtige Gabe in der richtigen Menge. Man muss sich im Geben üben, damit man gut darin wird. Das ist normal. Geben will gelernt sein. Also nehmen wir uns doch Zeit wenn wir auf den nächsten Bus oder an der nächsten roten Ampel warten und machen und Gedanken darüber was für uns heute das richtige Geben wäre und warum. Dann begeben wir uns auf den Weg den Großzügigkeit der auch uns bereichert zurücklässt.