Es ist der 8. Dezember, 11h49 und ich liege verschwitzt in der Hängematte in der ich seit 2 Nächten nicht mehr geschlafen habe. Ich brauche gerade Mal kurz Zeit und Ruhe, um das was wir in den letzten Tagen erlebt haben zu reflektieren und aufzuschreiben.

Unsere Gruppe kommt gerade aus Bijagual, einem kleinen Dorf in der Nähe von El Sur, zurück. Es gibt dort ein Projekt, wo Jay und wahrscheinlich auch Dennis erstmal hinkommen werden. Ja, wir sind schon 2 Wochen hier in Costa Rica und sollen in 2 Tagen in unsere Projekte. Und ja, Dennis weiß immer noch nicht wo er landen wird. Das hat zum einen mit einem Mangel an Organisation und Kommunikation zu tun, aber auch damit, dass ProRegenwald unbedingt möchte, dass wir sinnvoll Arbeit tun. Da sich einige der Einsatzstellen immer wieder plötzlich verändern und damit neue Arbeit entsteht, aber auch alte wegfällt ist, ist auch die Möglichkeit für Freiwillige mitzuarbeiten immer unterschiedlich. Naja, 2 Tage vorher sollte man es dann noch wissen…

Zurück zum Projekt in Bijagual. In besagtem Dorf gibt es eine Familie, welche verschiedenste Nutzpflanzen anbaut. Das hört sich jetzt vielleicht erstmal nicht sonderlich spektakulär an, aber was diese Leute, besonders der letzte Woche verstorbene Großvater, auf ihrem Grundstück aufgebaut haben ist beeindruckend. Sie haben verschiedene Beete mit Heilpflanzen aller Art  und ein großes Gewächshaus. Darin findet man verschiedenen Paprika-, Chili- und Salat-Sorten, Radieschen, Sellerie, Zucchini, Gurken, Tomaten und verschiedene Kräuter wie Basilikum, Petersilie, Koriander (zu meinem Bedauern leider sehr viel genutzt hier) und Rosmarin. Sogar ein Papaya-Baum mit vielen Früchten hat sich ungeplant, aber gern gesehen, seinen Weg in das warme Haus gebahnt. Die über das Metalgestell gespannte Plastikplane, die als Dach fungiert, ist nicht angemalt oder gefärbt, sondern durch Pilzbewuchs von Mustern durchzogen.

Die Art und Weise, wie die Pflanzen in der Erde stecken ist gut durchdacht. So findet man direkt neben dem Basilikum (wie ich finds die beste „Kräuter-Pflanze“ überhaupt) eine Brennessel. Der Grund dafür ist, dass die Tiere, die normalerweise den Basilikum angreifen würden, durch die Nessel-Pflanze fern gehalten werden und andersrum. Einfach genial und ganz frei von Chemikalien. Wenn es darum geht die Pflanzen schneller wachsen zu lassen, haben die Leute auch eine natürliche Lösung gefunden. Gezeigt bekommen haben sie diese von einem Mann aus Guatemala, der einmal zu Besuch war. Der Junge der uns herum führt erklärt es uns so:

Flüssigdünger:

Man nehme Bambus, Zuckerrohr-Honig und Wasser, mische es zusammen und lasse alles ca. 2 Wochen fermentieren. Fertig!

„Fester Dünger“:

Hierfür braucht man wieder Zuckerrohr-Honig und Wasser, aber diesmal kommt noch Hühnerkacke (natürlich von den eigenen Hühnern) und Mikroorganismen aus schwarzer Erde aus den Bergen dazu.

Insektenschutzmittel:

Wieder sind Zuckerrohr-Honig, Wasser und Mikroorganismen nötig und zusätzlich verschiedene pflanzliche Reste aus dem Greenhouse.

Die Mischungen stinken zwar ganz schön, scheinen aber prima zu funktionieren, denn alle 6 Wochen können neue Paprikas und sogar alles 4 Wochen neuer Salat und Rucola geerntet werden. Die Lebensmittel werden dann an Hotels oder andere Familien verkauft.

Die Aufgaben der Freiwilligen hier sind: ein verfallenes Gewächshaus wieder aufbauen, die unbebauten Beete herrichten und bepflanzen, einen Zaun gegen Tiere zu errichten und den Solar-Trockner zum trocknen der Kräuter neu zu bauen. Aber auch die ständige Pflege der bereits bestehenden Strukturen steht auf dem Programm. Langweilig wird es einem also nie.

Wenn man dann nach der harten Arbeit den Tag im Schatten auf der Terrasse mit wunderschönem Blick ausklingen lassen kann, ist alles perfekt.

Kevin und die verschiedenen Dünger
Der Solar – Trockner
Die Aussicht

Allgemein hat uns Freiwilligen die Atmosphäre auf dem Grundstück dieser Familie total gut gefallen. Es war ruhig, nicht so heiß und feucht wie in El Sur und die Familie war total nett. Auch der Ort an sich, direkt am Fluss gelegen umgeben von verschiedensten Pflanzen, Vögeln und anderen Tieren hat eine gewisse Magie ausgestrahlt.

Immernoch fasziniert steigen wir zurück ins Taxi Richtung Korridor. Der Fahrer, ein total netter, offener Mann, hält immer wieder an, um uns Guaven vom Baum zu holen oder um uns etwas zu erklären:“Rechts seht ihr die Teak-Plantagen für die der Primärregenwald abgeholzt wurde. In 20 Jahren werden auch diese gradlinig angeordneten Bäume gefällt, um daraus Nutzholz zu machen.“ Es ist traurig und schockierend zu sehen. Hier wächst wirklich nur, was von den Menschen gewollt ist zu wachsen. Keine Gräser, keine Früchte, keine Tiere. Nur die dünnen Bäume und rote Erde. Daneben die abgeholzten Weideflächen für Vieh.

So liege ich also hier in meiner Hängematte und schreibe was ich erlebe, damit du es vielleicht nachempfinden kannst. Vielleicht haben wir in Deutschland nicht die selben klimatischen Bedingungen oder Problem, aber  die Erklärung des Taxifahrers zeigt uns, wie unnachhaltig und gedankenverloren wir noch zu sein scheinen. Das Beispiel der Familie hingegen zeigt uns, was für vielseitige Möglichkeiten es gibt und wie sich doch einfache Lösungen oder work-arounds finden lassen.

Ich habe jetzt auf jeden Fall Lust bekommen selber mehr im Garten anzubauen. Wie sieht es mit dir aus?

Liebe Grüße

Greta

PS: Allein für den Anblick der 5 rot-bunten Aras, die über unsere Köpfe hinweggeflogen sind, lohnt es sich den Regenwald vor der weiteren Abholzung zu schützen.

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